Es war einmal ein kleiner Junge, wie klein, darüber gibt es unterschiedliche Erinnerungen. Während die Mutter des Jungen davon überzeugt ist, dass der Junge noch gaaaaaanz klein war, meint der Junge, dass er schon ein wenig größer war. Aber letztendlich ist es auch egal, denn für die folgende Erzählung spielt es keine Rolle.
Also dieser Junge, hat seinen Eltern aus einer spontanen Laune heraus folgendes versprochen: „Zur Silberhochzeit schenke ich Euch eine Mittelmeerkreuzfahrt“. Gut, dass mit der Silberhochzeit hat nicht geklappt, das Silber ist längst angelaufen, aber 40 Jahre später sollte es zumindest mit der Kreuzfahrt klappen.
Der kleine Junge, in der Zwischenzeit schon selbst fast ein Rentner, seine Frau und das ehemalige Silberpaar, dass kurz davor steht, die Hochzeit eisern (65 Jahre) zu machen, gingen am 20.04.2019 auf Kreuzfahrt. Für das Silberpaar von 1979, das inzwischen 95 bzw. fast 90 Jahre alt ist, war es die Jungfernfahrt, kaum zu glauben.
Die Fahrt am Ostersamstag, andere sagen Karsamstag, nach Hamburg verlief ohne Probleme. Die Organisation am gebuchten Parkplatz war je nach Sichtweise großartig oder umständlich und zeitraubend. Den Parkplatz mit Shuttlebus hin und zurück, hatte ich im Vorfeld über die myAida zu einem akzeptablen Preis von 79,-€ gebucht. Umständlich deshalb, weil der Kunde lange Wartezeiten in Kauf nehmen muss, großartig, weil der vorhandene Platz optimal genutzt wird und sich dadurch der relativ günstige Preis ergibt.
Die Fahrt mit dem Shuttle war dann eine halbe Stadtrundfahrt, mit kurzweiligen Erzählungen des Busfahrers. Am Cruise Terminal angekommen waren dann die Augen der Senioren groß. Zum ersten Mal in ihrem Leben standen sie vor einem sooooo großen Schiff. Schon am Check in Schalter sorgte der 95 jährige Charmeur für Aufsehen, das Mädel am Schalter war so fasziniert von ihm, dass sie ihn gar nicht mehr gehen lassen wollte. Vollkommen weggetreten vergas sie uns zur nächsten Kontrolle zu schicken. Erst ein „Hallo, wie geht es weiter?“, brachte sie zurück in die Realität. Dem alten Herrn, hat es gefallen.
Auch der erste Blick in die Kabine erzeugte Freude und entlockte dem Senior ein "fantastisch".
Den Aufenthalt begannen wir stilecht mit einem Cocktail. Ein letzter Blick auf Hamburg und es ging los.
Der Aufenthalt auf dem Schiff war dann sehr schön. Toll zu sehen, wie man sich auch mit 90. und älter über Neues freuen kann. Man merkt aber auch, wie anstrengend es auch für ältere Menschen ist, neue Momente, Erlebnisse zu verarbeiten. Beide wurde früh müde und haben geschlafen wie die Murmeltiere.
In den Gesprächen der nächsten Tage ging es dann mehr um die Vergangenheit als um die Zukunft. Obwohl beide noch intensiv am aktuellen Zeitgeschehen teilnehmen.
Die Ausfahrt aus der Elbe war nicht nur für die „Frischlinge“ ein Erlebnis. Auf hoher See hatten wir dann die ganzen Tage Glück mit dem Wetter. Wellen waren eher Wellchen, was dem Wohlbefinden natürlich entgegen kam.
Ja, die Vergangenheit. In einem dieser Gespräche erfuhr ich dann, wie es dazu kam, dass ich auf dieser Welt leben darf. Nachdem sich meine Mutti, meinen Papa gegriffen hatte, prüfte dieser, ob seine Zukünftige, für ihn wichtige Eigenschaften erfüllte. Ganz vorne stand dabei, „kannst du Kragen annähen?“; ja, sie konnte, und so wurden beide ein Paar. Das Resultat bin u.a. ich.
Auf dem Schiff beschäftigten sich unsere Senioren u.a. mit ihrem täglichen Rommee-Spiel. Muttern schaffte etwas für die Geschichtsbücher. Sie gewann das erste Spiel auf hoher See. Ein Triumpf den ihr trotz der anhaltenden Niederlagenserie über Jahre hinweg, niemand mehr nehmen kann.
Nach unserer Ankunft in Amsterdam gingen wir zu unserem Ausflugbus mit der Nummer 5. Es ging gut los, wir starteten 5 Minuten eher, die Abwicklung war komplett unbürokratisch, die Verantwortung rechtzeitig am Bus zu sein, oblag uns, dem Kunden. Es gab keine nervigen Massenveranstaltungen mit der Einteilung der Gruppen, ich fand es sehr positiv.
Leider ging danach alles schief, obwohl wir einen sehr netten und kompetenten Reiseleiter hatten. Die gebuchte Grachtenfahrt war überbucht, sodass Gaby und ich keinen Sitzplatz bekamen. Der Stehplatz vor der Toilette war nicht wirklich optimal, gesehen haben wir von den Häusern, den Straßen und den Menschen fast nichts. Die angekündigte Freizeit fiel aus, da es einen neuen Treffpunkt für die Weiterfahrt gab. So rasten wir mit einem 95-jährigen und einer fast 90-jährigen Rollatorfahrerin durch die City, um dort eine Stunde ohne Sitzgelegenheiten auf den Bus zu warten. Die anschließende Stadtrundfahrt fiel aus Zeitmangel aus. Schade bzw. sehr ärgerlich.
Aber ich möchte noch ein Wort über unsere holländischen Nachbarn verlieren, die ja umwelttechnisch sehr vorbildlich handeln, indem sie eine wirkliche Fahrradkultur leben. Die dann aber so rücksichtslos, dass es extrem gefährlich ist, sich auch nur einem Radweg zu nähern.
Soviel Rücksichtslosigkeit wie hier in Amsterdam, habe ich noch nirgendwo von Radfahrern und Motorradfahrern erlebt. Auf den roten Fahrradwegen, die in die meistens in die Fußwege integriert sind, fahren auch Rollerfahrer mit über 50 km/h und mähen alles weg, was nicht bei 3 auf dem Baum ist. Die Überquerung eines solchen Fahrradweges war sich nicht nur für unsere Senioren extrem gefährlich. Selbst unser holländischer Guide, konnte über so einen „Wahnsinn“ nur den Kopf schütteln.
Die Überfahrt nach Dover war ebenfalls ruhig, sodass die beiden in Ruhe ihr tägliches Rommee-Spiel starten konnten. Doch das wurde nach kurzer Zeit unterbrochen, da wir uns den Kreidefelsen von Dover näherten. Wir verfolgten das gesamte Anlegemanöver vom Balkon aus. Am Ende war es dann die Mama, die das Erlebnis kurz und präzise zusammenfasste: "Das war ja noch interessanter, als Dich (Papa) fertig zu machen".
Der zweite Ausflug in Dover war dann schöner, wir besichtigten das ehemalige Königsschloss Leeds Castle, ein 4 Stunden Ausflug, der Spaß machte.
Auch wenn der zweite Ausflug gelungen war, zeigt es sich doch, dass Gaby und ich keine Ausflugsmenschen sind. Das Laufen mit der Masse, macht einfach nicht so viel Spaß, als wenn man sich unabhängig bewegen kann. Für die gegebenen Umstände, war eine Ausflugsbuchung aber die richtige Wahl.
Am Seetag genossen wir dann noch das Schiff, endlich konnte auch der gewohnte Mittagsschlaf genommen werden.
Die Abreise gestaltete sich dann wieder problematischer, da der Shuttle-Service zum Parkplatz nicht klappte. Anscheinend war eine Fahrerin ausgefallen, bzw. es soll einen Stau auf der Autobahn gegeben haben. Auf jeden Fall mussten wir 75 Minuten im Wind stehend warten, bis wir endlich im Bus saßen. Dabei hatten wir noch Glück, denn wir waren im vorderen Viertel der Schlange, ich möchte nicht wirklich hinten gestanden haben. Auf jeden Fall spielten sich in der Schlange tumultartige Szenen ab. Natürlich wurde auch wieder gedrängelt, typisch deutsch.
Fazit: Der ehemals kleine Junge ist glücklich, ein Versprechen eingelöst zu haben. Die Senioren sind glücklich, so etwas im hohen Alter erleben zu dürfen. Gaby ist glücklich, weil die anderen alle glücklich sind. um Schluß möchte ich noch ein dickes Kompliment aussprechen, "Mutti und Papa, toll, wie ihr das gemacht habt, ich bin stolz auf Euch".