Bevor ich mit dem nächsten Teil meiner Fortsetzungsgeschichte über die Limmerstraße anfange, möchte ich, wie bereits angekündigt, etwas aus meinem Teil 2 korrigieren. Wie ich bereits erwähnt hatte, hat meine Mutter meine Darstellung zur Geschichte des Gebäudes der ehemaligen Albert-Schweitzer Schule angezweifelt. Ich habe daraufhin die heutigen Betreiber des Hauses angeschrieben, die mir auch geantwortet haben.

Nachfolgend die richtige Darstellung: Wie bereits beschrieben, war die Schule bis 1927 eine Jungen- und Mädchenschule. Von 1927 bis 1933 war es dann eine weltliche Schule, von 1933 bis 1943 war es wieder eine Jungen- und Mädchenschule, so wie es meine Mutter auch erlebt hat. Ab September 1943 war das Gebäude dann tatsächlich das beschriebene Lager. Danke an meine Mutti, danke aber auch an die Gruppe Stadtteilleben für die Informationen, zur jetzt richtigen Darstellung der Historie des Gebäudes.

Jetzt stehe ich an der Ecke Limmerstraße, Velberstraße. Namensgeber der Straße ist der Ort Velber, der wie Harenberg zu Seelze gehört und direkt an Hannover grenzt. Diese kleine Straße sieht aus wie jede andere Straße, hat aber doch einiges Erwähnenswertes zu bieten.

Schon nach wenigen Metern bleibe ich stehen, denn rechts, da wo heute ein großer freier Platz ist, da war früher unser Kohlenhändler. Richtig, unser Kohlenhändler, der uns in den 50-igern und 60-igern einmal im Jahr mit Eierkohlen und Briketts in der Quirrestraße versorgte. Heute kaum vorstellbar, aber wir haben noch mit Kohle geheizt, selbst im Kinderzimmer stand ein Monstrum von Kachelofen. Heizungen gab es damals zumindest bei uns noch nicht.

Bei dem Gedanken an die Kohle muss ich auch unwillkürlich an meine erste Berührung mit moderner Kinderarbeit denken. Meine Mutter manipulierte mich, in dem sie mir einredete, dass ich doch schon ein großer Junge bin. Natürlich traf sie damit meinen männlichen Stolz und so fiel ich erstmals in meinem Leben auf den Charme einer Frau rein, denn der große Junge konnte natürlich die Kohlen vom Keller in die 4. Etage schleppen. Am Ende war ich sogar noch stolz auf meine Leistung und Kohlenmann war einer meiner ersten Berufswünsche.

Noch immer stehe ich am freien Platz, den die Anwohner jahrelang als Parkplatz nutzten, was ein Segen war, denn Parkraum ist nicht wirklich viel vorhanden. Doch seit etwa einem Jahr ist der Platz abgesperrt, weil hier ein weiteres Wohnhaus gebaut werden soll. Leider verzögert sich der Baubeginn immer wieder, aber Hauptsache der Parkplatz ist schon einmal abgesperrt.

Wenn ich jetzt nach oben schaue, stehe ich vor einem riesigen Kunstwerk.

Dieses Kunstwerk ist Kurt Schwitter gewidmet, dem großen Hannoveraner, der aber nicht genügend Würdigung durch die Stadt erfährt. Dieser Meinung waren zumindest die Lindener Künstler die aus diesem Grund diese Hausbemalung schufen, mit Motiven, Aussagen und Wortspielen von Kurt Schwitter.

Kurt Schwitter wurde am 20.06.1887 in Hannover geboren und war Maler, Dichter und Werbegrafiker. Kurt Schwitter steht für den hannoverschen Dada(ismus), Schwitter. Dada(ismus) steht für eine Kunstrichtung, die keine Kunstrichtung sein möchte. Dadaisten möchten genau nicht in eine bestimmte Kiste gepackt werden. Deshalb gibt es auch unterschiedliche „Untergattungen“, die natürlich auch nicht wirklich greifbar sind. Kurt Schwitter begründete die Richtung Merz.

Auszug aus Wikipedia: Der Begriff „Merz“ entstand bei einer Collage aus einer Anzeige der „Kommerz und Privatbank“und evoziert Assoziationen zu „Kommerz“, „ausmerzen“, „Scherz“, „Nerz“, „Herz“ und dem Monat März, der für den Frühlingsanfang steht.

Mich erinnern diese Beschreibungen irgendwie an eine alte Diskussion mit unserem damaligen Mathelehrer über die Endlichkeit der Unendlichkeit. Der gute Herr Küthmann wollte uns erklären, dass selbst die Unendlichkeit des Universums irgendwo endlich sein muss. Ich habe diese Diskussion nie wirklich greifen können, genauso wenig wie ich den Dadaismus wirklich verstehe. Aber ich bin mir sicher, dass mir dieses „nicht verstehen“ bislang nicht geschadet hat. 

Die Stadt würdigt Schwitter übrigens mit einem Bodenrelief auf dem das Gedicht „An Anna Blum“ zu lesen ist. Dieses Bodenrelief befindet sich in der Knochenhauerstraße. 

Velber2 4

Gegenüber dieses Kunstwerkes ist das Kalah, eine typische Lindener Kneipe. Der Mittagstisch ist günstig und zu empfehlen. Gleiches gilt für das Frühstück. 

Velber2 1Zwischen Ahlemerstraße und Kötnerholzweg liegt rechts der Schmuckplatz. Heute ist der Platz schön gepflastert. Früher hätte er eher Schmuddelplatz heißen müssen, denn neben seinen Besuchern, sah der Platz selbst auch übel aus. Hier am Schmuckplatz stand auch früher meine Telefonzelle. Hier musste ich hin, wenn ich irgendwo anrufen wollte, fast einen Kilometer von unserer Wohnung entfernt. 20 Pfennig kostete der Anruf. Heute kriegen Neugeborene noch vor der Taufe ihr erstes Smartphone, wie sich die Zeiten ändern. 

Tja, eine Heizung bekamen wir Mitte der 60-iger Jahre, aber ein eigenes Telefon hatten wir damals nicht. Dieser Umstand führte dazu, dass ich erst in der TUI meinen ersten Telefonanruf entgegen genommen habe. Es war der Anruf eines Reisebüros, dass eine Bornholm-Buchung platzieren wollte.

Dieser Anruf verlief wie folgt:

Deti: Hummel Reisen, Skandinavien, Hantke, guten Tag

Reisebüro: Hallo, mein Name ist Meier vom Reisebüro Bangemann, meine Kunden wollen nach Rönne

Deti: Rönne ham wa nich

Parallel zu dem „nich“ habe ich aufgelegt. Nur Sekunden später schallte die mächtige Stimme meines Chefs über den Gang: „Haaaaantke“. Es folgte mein erster Anschiss bei der TUI.

 

 

Velber2 1Noch immer hat der vielleicht beste Fischladen in ganz Hannover hier am Schmuckplatz seinen Standort, Fisch Hampe. Hier macht das einkaufen noch Spaß, einer der letzten Läden im Tante Emma Stil, aber natürlich gibt es hier nur Fisch und Meeresfrüchte. Der Schmuckplatz und Fisch Hampe gehören zu Linden wie die Limmerstraße, die schönste Straße Hannovers. Nachtrag: Mitte 2017 musste Fisch Hampe leider schließen. Nach Aussage der Familie Hampe war ein wirtschaftlicher Betrieb nicht mehr möglich, da die Stadtväter den weiteren Verbleib durch immer neue Schikanen unmöglich machte. Schade 

Falls jemand meint, andere Straßen ins Spiel um die schönste Straße Hannovers bringen zu müssen, dem schicke ich meine Mutter vorbei. Sie wird Euch dann klar machen, warum die Limmerstraße wirklich die schönste Straße Hannovers ist. Uli kennt das J, wie man der unteren Mail meiner Mutter sieht.

Hallo  Deti, ich habe gerade Ulis Kommentar  gelesen ich will ihm ja nicht widersprechen, aber Dir möchte ich meine Meinung mitteilen. Die Podbi war und ist eine interessante Straße, genau wie die Marienstraße, die Hildesheimerstraße, der Engelbostelerdamm und die Varenwalderstraße. Ich habe sie alle in meinen besten Jahren zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr durchkämmt. Sie waren alle schön,  es sind ja auch „Straßen in Hannover!!! ". In all den Straßen gab es kleine und große  Kinos, es waren überall kleine und große Läden, vor allem waren es auch sehr schöne alte Häuser und Gebäude die im Krieg  stehen geblieben sind. Nur die hat man natürlich als Kind nicht beachtet. „Das waren ja alles olle Butzen!!“.

Ja und die Limmerstraße hatte den anderen Hauptstraßen etwas voraus. Erstens: sie war nicht so lang wie die anderen Hauptstraßen, dadurch war sie gemütlicher, es waren auch 2 Kinos da, das heutige Apollo und die Schauburg, in der ich viele schöne  Filme gesehen habe. Es gab so viele Geschäfte, dass es immer etwas zu sehen gab. Es gab Eisdielen, Spielzeugläden (Bienenkorb) Textil- und Schuhgeschäfte. Auf der Nordseite war Ballhausen, dort haben wir Eure Mützen und  den Hut (?) gekauft. Etwas weiter war Bartling, auch dort konnte man sehr gut etwas kaufen. Dann kam der Bienenkorb und dahinter war die ,,KEPA" das Prunkstück der Limmerstraße. Also Läden  an Läden, die Kinder hatten so viel zu schauen, denn es waren sehr viele Spielzeug-Auslagen in den Schaufenstern. Am interessantesten waren für Euch die kleinen Siku-Autos, oh! diese vielen Modelle, von der Feuerwehr, Krankenwagen, Rennwagen bis zum LKW bei einigen Modellen konnte man sogar die Türen aufmachen, toll. An der Limmerstraße stehen auch heute  noch  wunderschöne Altbauten, dort gibt es auch ein ganz altes schmales Haus (neben dem Haus  von Ballhausen) dort ist in jeder Etage nur 1 Zimmer. 

Wenn man etwas Besonderes kaufen wollte, fuhr man natürlich nach Hannover mit der Straßenbahn! Wenn man dann überall nach dem ,,Besonderem" gesucht hat und nicht gefunden hat, versucht man es noch einmal an der Limmerstraße und siehe da, auf der Limmerstraße bekommt man alles. Das war aber vor ca. 40 bis 59 Jahren. Noch etwas war bei der Limmerstraße schöner als bei den anderen Hauptstraßen,  man  konnte auf der Limmerstraße richtig bummeln, konnte von einer Seite rüber zur anderen Seite, ohne lange Wartezeit. Es fuhren auch Autos und Straßenbahnen, aber sie rasten nicht so, wie auf den anderen Hauptstraßen, denn dort rauschte der Verkehr an uns vorbei und man konnte kaum eine Unterhaltung führen.

Habe ich selbst erlebt. Wir waren nach Vinnhorst gezogen, unsere Omi kam zu Besuch und wollte wie immer Geschäfte ansehen. Ich habe sie mir geschnappt und bin zum Engelbostelerdamm. Was kam? Omi sagte: ,,Du die Limmerstraße ist aber schöner, hier rasen ja die Autos vorbei und man versteht  kein Wort!" Danach bin ich mit ihr immer zur Limmerstraße gefahren. Sie war ganz einfach gemütlicher, eine Straße  zum Bummeln. Und das war nicht nur zu Deiner Zeit* so, das  war schon so, als ich noch ein kleines Mädchen war. Die Limmer war und ist die schönste Straße in Hannover.

*damit meint meine Mutti wohl meine Kinderzeit in den 50-igern und 60-igern