Die Teil 3
Bevor ich anfange, möchte ich Fragen bzw. Anmerkungen zum Bericht der Limmerstraße Teil 2 beantworten. Zuerst hat Uli gefragt, ob ich die Fakten aus meinen Berichten im Kopf oder ob ich sie recherchiert habe. Uli, wie sollen diese ganzen Fakten in meinem kleinen Kopf gespeichert sein, der größte Teil meiner Speicherkapazitäten war doch für die TUI reserviert. Gut einen kleinen Teil wusste ich noch, aber den Rest habe ich recherchiert, was mir übrigens richtig Spaß macht.
Die nächste Anmerkung kam dann von meiner Mutti. Sie erklärte mir, dass das Gebäude der ehemaligen Albert-Schweitzer Schule keine Weltschule war. Sie weiß das, da sie hier bis 1943 zur Schule ging und es bis dahin einen Jungen- und einen Mädchentrakt gab. Auch das von mir erwähnte Lager kann nach Aussage meiner Mutter frühestens nach dem 03.09.1943 entstanden sein, da das der Tag war, an dem sie an eine andere Schule versetzt wurde. Ich hatte die Informationen von der Gruppe Stadtteilleben, die heute das Gebäude der ehemaligen Albert-Schweitzer Schule bewohnt und auch dessen Historie recherchiert. Ich habe der Gruppe eine Mail mit den Informationen meiner Mutter geschickt, mal sehen, was sie sagen. Bild unten: Auszug aus dem „Versetzungszeugnis“ meiner Mutter von 1943.
Am Kötnerholzweg beginnt für mich die eigentliche Limmerstraße. Im Hochhaus an der Ecke war immer die Post und sie ist noch immer da, aber nicht mehr lange, wie man auf dem Bild sehen kann. In Wirklichkeit ist das heute auch keine Post mehr, sondern ein wirklich guter Copyshop mit dem Zusatzjob der Brief- und Paketausgabe.
Früher war hier noch ein kleiner Schallplattenladen. Hier habe ich 1969 meine erste Platte gekauft. Eine Single von den Beatles mit „Come Together“ und „Something“ als sogenannte Doppel A-Seite. Für die Generation CD und MP XYZ: eine Schallplatte ist eine schwarze Scheibe mit einem Loch in der Mitte und hat zwei Seiten. Meistens war der eigentliche Hit die A-Seite, die B-Seite war oft nur eine mittelmäßige oder schlechte Zugabe. Bei dieser Single war das anders, beides waren Hits. „Come Together“ steht heute auf Platz 202 der besten Songs aller Zeiten (Musikmagazin Rolling Stones). „Something“ ist zwar die erfolgreichste Komposition von Beatle George Harrison, allerdings war der Song nicht ganz so erfolgreich wie „Come Together“ von John Lennon und Paul McCartney.
Ich stehe noch immer an der Kreuzung Limmerstraße / Kötnerholzweg. Der Blick geht in die Offensteinstraße, weiter hinten liegt rechts der Pfarrlandplatz. Am Pfarrlandplatz gab es mal eine legendäre Wohngemeinschaft. Jupp und Christoph hatten jederzeit Tag der offenen Tür, was auch reichlich genutzt wurde. Manch eine TUI Feier endete so auf dem Parkettboden der beiden.
An der Ecke zur Offensteinstraße / Pfarrlandstraße war sie, die Schule, an die ich auch heute noch gerne denke, meine Fahrschule. Heute ist dort ein Fahrradladen.
Wir waren zu dritt, Dirk, Thomas und ich wollten da unseren Führerschein machen, wo schon einige unserer Eltern das Auto fahren geübt und gelernt hatten, nämlich bei der Fahrschule Kreppertz. Meine erste Fahrt 1974 ging über die Dörfer. Zuerst Ahlem, hier war ich gerade in den SV Ahlem eingetreten und es war über Jahrzehnte das Zentrum meines Lebens. Gaby ist eine waschechte Ahlemerin und ist auch außerhalb von Ahlem das Zentrum meines Lebens geblieben. Weiter ging es nach Harenberg, einem kleinem Nest, von dem ich nie vorher gehört hatte. Damals hätte ich dort nicht tot über dem Zaun hängen mögen, heute leben wir hier seit über 20 Jahren glücklich und zufrieden. Der Wendepunkt der Tour war Groß Munzel, ein Kaff mit Zuckerfabrik, das für mich gefühlt kurz vor Hamburg lag. Heute leben dort Dirk und Anette, wie das Leben so spielt.
Das war noch eine einfache Fahrt, schon in der zweiten Stunde ging es in die Straßen links der Limmerstraße. Hier findet man noch heute ein Labyrinth von Straßen, die alle rechts vor links haben. Diese Gegend war von Fahrschülern natürlich gefürchtet, denn Gas geben war hier nicht wirklich angesagt. Ja, ja, der alte Kreppartz hat meinen ruhigen Fahrstil geprägt und hat mich auch auf Situationen wie mit dem korrupten Polizisten Ruiz Perez vorbereitet (siehe Südamerika Blog Peru Tag 3).
Heute gibt es in diesen Straßen viele kleine, oftmals alternative Läden, wie z.B. die Menagerie. In der ehemaligen Parterrewohnung kann man gut frühstücken oder einen Kaffeestopp einlegen www.menagerie-hannover.de . Für mich legendär das Cafe Übü, hier kann man krökeln, darten und einfach aber gut essen. Ich gebe zu, dass mit dem dort essen liegt für mich viele Jahre zurück, aber die aktuellen Kritiken sind nicht schlecht.
Zurück auf der Limmerstraße, die ab hier bis zum Küchengarten eine Fußgängerzone ist. Eine Fußgängerzone mit Straßenbahnen, Bussen, Fahrradfahrern und kreuzenden Autoverkehr, dass alles macht die Fußgängerzone Limmerstraße aus. Auf der linken Seite befindet sich das Antiquariat Wilder, der Laden sieht noch so aus wie früher. Die von uns damals hier getauschten Fix und Foxi, Micky Maus, Sigurd und Tibur Hefte hätten heute bestimmt einen nicht unerheblichen Wert.
Auf der rechten Seite folgt Geschäft auf Geschäft, Graffiti auf Graffiti. Dabei ist auch ein Reisebüro mit TUI Vertrag. Wie das allerdings den Mindestumsatz schafft, ist mir schleierhaft.
Wenn man in diesem Abschnitt allerdings in die Hinterhöfe schaut, geht doch einiges von der Pracht der Limmerstraße verloren.
Auf der linken Seite befinden sich neben dem Antiquariat Cafe´s, mit der Möglichkeit draußen zu sitzen. Hier kann man den ganzen Rummel auf der Multikulti-Straße beobachten. Ein paar Meter weiter ist ein Schuhladen mit einem etwas anderen Konzept und einem schönen Graffiti.
Von den zwei Häusern an der Ecke Velberstraße ist zwar eins neu, aber an trotzdem haben beide für mich Erinnerung an meine Kindheit und Jugend.
Hier war hier war mein erster Zahnarzt, dem ich einige, leider nicht mehr vorhandene Schuco-Autos verdanke. Diese Autos bekam ich immer, wenn ich nicht geweint hatte, man war ich oft mutig.
Dann war da noch der erste Imbiss den ich in meinem Leben wahrnahm und besuchte. Bei Prenzel gab es die besten Pommes und die besten Hähnchen der Welt. Mit den Pommes war das so eine Sache, für meine Eltern gänzlich unbekannt und irgendein Teufelszeug, wie für mich heute Rohkost. Für uns als Kinder aber war es das Essen. In der Zeit der 60-iger wurde durch den Erfolg der Pommes mit Ketschup, der Grundstein für die Ernährung der heutige Fastfood-Generation gelegt. Ach, wäre ich doch bloß bei Sauerkraut und Schweinefleisch geblieben, dann würde ich mich heute nicht so schuldig fühlen. Den Prenzel müssen wir reich gemacht haben, denn irgendwann hat er sich nach Kanada abgesetzt, der Steuer wegen?
Die dritte Begebenheit war dann der Einzug des Lütschen in die oberste Etage. Natürlich hatte ich die Waschmaschine.
Gegenüber steht dann der Höhepunkt der ganzen Straße, die Flohkiste, das Apollo Kino. Jeder Lindener und nicht nur die kennen dieses Kino. Hier habe ich unzählige Godzilla Filme oder Klassiker wie „Verschollen im Weltall“ mit Gregory Peck gesehen. Hier geht mein Herz so richtig auf, wie war das aufregend, wenn ich sonntags alleine ins Kino durfte. Wenn ich mit meinen Freunden auf den harten Holzklappstühlen saß, bei denen der Rückenschaden garantiert und mitbezahlt war, wenn das Licht langsam ausgeht, der Lärmpegel des meist jugendlichen Publikums im gleichen Maße anschwoll, dann war Filmzeit. Wenn dann noch die Papierkugeln nach vorne flogen war der Vorfilm zu Ende und Godzilla betrat die Bühne.
Das Kino wurde 1908 im Tanzsaal Sander eröffnet, damals gab es 300 Sitz- und Stehplätze. Anfangs wurden aufgrund des fehlenden Materials hauptsächlich Kurzfilme und gespielte Witze gezeigt.Die begeisterten Menschen sagten, wir gehen zu Sander um die lebenden Fotografien zu sehen. Das Sander war meistens ausverkauft, der Name Apollo setzte sich erst später durch.
Der Erfolg sorgte dafür, dass die Inhaberin Wilhelmine Kaufmann auch das Luna in der Nieschlagstraße und das Viktoria am Schwarzen Bären übernahm. Interessant ist auch, das die erfolgreiche Kinounternehmerin niemals einen Kinofilm gesehen hat. Für sie war es wichtiger, sich nach dem täglichen frisieren per Taxi zu ihren Kinos fahren zu lassen, um dort die Tageseinnahmen des Vortages zu kassieren.
Während meiner Blütezeit, also in den 60-igern und 70-igern hatte das Kino ums Überleben zu kämpfen. Kaum zu verstehen, wo ich doch große Teile meines Taschengeldes hierher geschleppt habe. Das Apollo ist auch der Start für Hans-Joachim Flebbe (Cinemaxx, Astor-Kino) in eine erfolgreiche Karriere als Kinobesitzer. Flebbe gründete mit dem Apollo eines der ersten Programmkinos Deutschlands.
Flebbe mischt bis heute kräftig in der Kinoszene mit und das Apollo bietet ein abwechslungsreiches Programm. U.a. gastiert hier auch regelmäßig der Lindener Spezial Club von Detlef Simon, bekannt auch als Desimo. Der über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Comedian, Entertainer, Moderator und Kabaretist hat sein Herz auch an das Apollo verloren. Ich selbst war schon lange nicht mehr in meinem Apollo, höre aber nur positive Kritiken, also werden wir uns auch bald aufmachen um hier einen schönen Abend zu verbringen. Den Absacker gibt es dann im angrenzenden Glüxxkind, dass früher als Klimbim bekannt und berüchtigt war.
Ja, das war nun der nächste Abschnitt von meiner Limmerstraße, der nächste folgt voraussichtlich zum nächsten Wochenende. Aber vorher kommt noch der Artikel 100 Tage ohne Hamsterrad, den ich am 15.03. abends oder am 16.03. morgens veröffentliche.